Wanderwoche 2011

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An dieser 15. deutsch-französischen Wanderwoche konnte erstmals Bertrand Buinier, der Initiator dieser Treffen, nicht teilnehmen, nachdem er sich kurz zuvor bei einem Sturz auf einer Bergwanderung ein Bein gebrochen hatte. Eine deutsche Delegation hatte ihn auf der Durchreise in La Ravoire besucht und ihm gute Besserung gewünscht.

22 Teilnehmer – 10 Franzosen und 12 Deutsche – kamen pünktlich zur vereinbarten Zeit zwischen 17.00 und 17.30 Uhr bei Anreisewegen von bis zu 800 km im Hotel in Goult in der Nähe von Apt an.

Das von den französischen Freunden ausgearbeitete interessante und vielseitige Programm begann am Montag mit dem Besuch der Firma Fleuron Apt der Gruppe Aptunion, einem Zusammenschluss mehrerer Betriebe, die sich mit der Herstellung von kandierten Früchten, eine Spezialität dieser Gegend, befassen. Dort werden von ca. 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, davon zu 75 % Frauen, Früchte wie Kirschen, Clementinen, Birnen, Orangen, Aprikosen, Zitronen, Feigen, Melonen… für unterschiedliche Anwendungen kandiert. Die Betriebsbesichtigung endete mit einer Video-Vorführung und Verkostung der Produkte.

Die anschließende Wanderung unter den Titel „Grand Tour du Mange Tian“ begann vom Hotel aus vorbei an der Kapelle St. Michael, der „Moulin de Jérusalem“ zu den „Terrasses“, einer heute landwirtschaftlich nur noch wenig genutzten, terrassenförmig angeordneten Fläche. Die Wanderungen werden in der Regel verbunden mit dem Kennenlernen von Kultur, Land und Leuten in den Regionen, in denen die Wanderungen stattfinden. So wurde am zweiten Tag die Stadt Gordes besucht.

Die Spuren menschlicher Besiedlung des Felsens, auf dem die Stadt erbaut wurde, reichen zurück in die Jungsteinzeit. Römer errichteten hier ein Oppidum. Ab den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts brachte der Tourismus eine zweite Blüte. In den Straßen herrschte reges Markttreiben, wie man es nur in südlichen Ländern erleben kann.


Das Dorf der Borries


Im Anschluss wurde das in der Nähe gelegene „Village des Bories“ besucht. Die Bories sind zu einer Zeit entstanden, als die Ligurer mehrere Jahrhunderte vor unserer Zeitrechnung die Region bewohnten. Die auch „Gallische Hütten“ genannten Gebäude wurden rein aus Stein ohne Mörtel nach der Kragkuppel-Bauweise errichtet. Sie waren bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts bewohnt.

Am Nachmittag stand der Besuch der Abtei „Notre-Dame-de-Sénanque“ auf dem Programm, die im 12. Jahrhundert durch Zisterziensermönche gegründet wurde. Es war eines von mehr als 700 Klöstern dieses Ordens, deren Ausgangspunkt vor rund 900 Jahren das Kloster Citeaux in Burgund war und die bis zum Ende des Mittelalters gebaut wurden. Geschichte des Klosters und Leben der Mönche – heute leben dort nur noch 6 Mönche – wurden bei einer Führung in französischer und deutscher Sprache erklärt.

Der dritte Tag begann mit einer geführten Besichtigung von „Colorado Provencal“. Es handelt sich um ein Abbaugebiet zur Gewinnung von Ocker, das in früherer Zeit große Bedeutung hatte und 2008 restauriert und für Besuche zugänglich gemacht wurde. Ocker dient nicht nur zur Herstellung von Farben, sondern findet auch Anwendung in der Kosmetik- und Pharmaindustrie. Ein Abbau erfolgt nur noch in kleinem Umfang in der klassischen in früherer Zeit praktizierten Methode ohne moderne Hilfsmittel.
Das Dorf Seminane la Rotonde, das für sich in Anspruch nimmt, eines der schönsten Dörfer der Haute-Provence zu sein und von einem imposanten runden Bergfried mit besonderer Architektur überragt wird, war das anschließende Besuchsziel.
In einem Vortrag war vieles über Lavendelanbau, Verarbeitung und Anwendung zu erfahren. Der „Lavandin“, zu deutsch Französischer Lavendel genannt, wird bis zu einer Höhe von 400 m kultiviert und dient hauptsächlich zur Gewinnung von Essenzen und Ölen. Der echte Lavendel wächst in Höhen um 1000m. Das daraus gewonnene Lavendelöl wird auch in der Heilkunde angewandt. Getrocknete Lavendelblüten bilden einen Teil der Gewürzmischung „Herbes de Provence“.
In den folgenden Tagen wurden weitere Dörfer besucht: Saignon, Viens, Bonnieux und Ménerbe, auf die im Einzelnen nicht eingegangen werden kann. Allen jedoch ist gemeinsam, dass sie einzigartig sind, über eine reiche Geschichte verfügen und in engen Gassen Häuser mit einer Architektur aus früheren Jahrhunderten besitzen, die zum großen Teil im alten Stil kunstvoll renoviert wurden. Im Internet kann man mehr darüber erfahren.


Aufstieg auf den Mourre-Negre


Am Donnerstag hieß es, den mit ca. 1100 m höchsten Berg des Lubéron, den „Mourre-Negre“ zu erwandern. Mourre ist provenzalisch und heißt soviel wie Kopf oder Gesicht, also heißt der Berg „Schwarzer Kopf“. Die Strecke hatte keinen großen Schwierigkeitsgrad, bei einer Temperatur von 34 °C und einem Höhenunterschied von 600 m wurde den Wanderern jedoch Kondition abverlangt. Eine üppige und vielseitige Flora und viele Schmetterlingsarten lassen eine intakte Natur vermuten.

Kondition war am nächsten Tag weniger gefragt, als vielmehr Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, als es hieß, die „Gorges „D`Oppedette“ zu umwandern. Zum Teil nur wenig neben den Wanderpfaden fielen die Feldwände bis auf eine Tiefe von 160 m ab.

Der letzte Tag stand am Vormittag zur freien Verfügung und wurde von den meisten Teilnehmern zum Besuch des Marktes von Apt genutzt, um Souvenirs und Mitbringsel für die Daheimgebliebenen zu erwerben.


Die Wandergruppe vor dem Abschied


Am Abend hatten die französischen Freunde zu einem Aperitif eingeladen und von den deutschen Teilnehmern wurden Gastgeschenke an die Organisatoren dieser Wanderwoche überreicht.

Artur Göldner stellte bei dieser Gelegenheit das Projekt für die nächste gemeinsame Wanderwoche vor, die im Hotzenwald stattfinden wird. Allzu schnell war auch diesmal wieder die Zeit mit lieben Freunden vergangen und am Sonntag nach dem Frühstück hieß es wieder Abschied nehmen mit einem nächsten Wiedersehen in spätestens 2012 im Schwarzwald.

(Text u. Fotos: Artur Göldner)